Ich greife mir an die eigene Nase – eine ganz persönliche „Aktion Innenstadt“. Ausgangspunkt ist ein kleines Gedankenspiel. Ich stehe in der Ingolstädter Altstadt. Welches Geschäft gefällt mir am besten? Oder anders – welches würde ich am meisten vermissen, würde es schließen? Bis Ende Januar 2004 hätte meine Antwort gelautet: Das Modehaus Wagner. Und ich vermisse es immer noch … Heute fällt meine Wahl auf einen ganzen Geschäftszweig: den Buchhandel. Hier schon einmal gewürdigt. Frei nach Loriot gilt: Ein Leben ohne Buchladen ist möglich, aber sinnlos.
Es vergeht eigentlich kaum eine Woche, in der ich kein Buch erstehe. Dazu gehört auch die Entgegennahme von Paketen aus dem Hause Amazon.de. Ich mag diesen Laden. Und es ist wunderbar bequem, irgendwo gemütlich sitzend, mit wenigen Klicks hier Kaufverträge zu schließen. Die Ingolstädter Innenstadt fest im Blick muss ich aber erkennen, dass ich mich damit nicht besonders hilfreich verhalte. Manchmal ist es schwer, auf die einfachsten Dinge zu kommen. Ab sofort werde ich deshalb – das gelobe ich hiermit öffentlich – alle meine Bücher (auch für die Kanzlei) in der Altstadt kaufen. Aufgrund von Buchpreisbindung und Lieferung zur Abholung am nächsten Tag ist das nicht wirklich ein Opfer. Think global, act local – sorry Jeff Bezos.
Mein letztes Buch aus dem Netz – „Das kulinarische Erbe der Alpen“, erschienen im AT Verlag – ist etwas ganz besonderes. Ich will es kurz hochhalten:
„In der Gegend umher galoppiren, um die schöne Landschaft recht mit Löffeln einzunehmen“ – diese Worte von Annette von Droste-Hülshoff haben Autor Dominik Flammer und Fotograf Sylvan Müller in die Tat umgesetzt. Als Ausdruck ihrer besonderen Wertschätzung für Produkt und Handwerk haben sie in Wort und Bild eine gewaltige Bühne errichtet. Der mal staunende, oft ehrfürchtige Leser und Betrachter hält sie in Händen und empfindet sie den einzelnen Auftritten in jeder Hinsicht angemessen. Ein phantastisches Werk! Das Buch ist der Extrakt der zwölfteiligen Fernsehserie unter dem gleichen Titel. Anfang Januar 2013 liefen im Bayerischen Fernsehen bereits die beiden ersten Teile „Fisch“ und „Vieh“.
Auf Nachfrage teilte mir Dominik Flammer mit, dass die Folgen 3 („Getreide“) und 4 („Urkäse“) an Ostern (31.03./01.04.2013) ausgestrahlt werden. Und im Herbst erscheint als zweiter Band das Kochbuch zum Projekt. Ich werde es … im Buchladen kaufen.
Wer die aktuell erschienene Printausgabe vom empfehlenswerten „Fleischatlas – Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel“ haben will, muss das online veranlassen – hier.
Liebe Toni – in der Tat, auch diese Hände sollte man schütteln!
Schließlich gibt es in Ingolstadt die sehr sympathische, kompetente Buchhandlung von Gerd Stiebert, http://www.stiebert.de.
Ich könnte nicht sagen, dass ich meine Bücher nur offline kaufe, denn viele englische Bücher sind nicht, oder aufwändig zu beschaffen. Ansonsten kann ich als Einzelhändlerin nur sagen, was für Buchhandlungen gilt, gilt genauso für die meisten anderen Geschäfte. Ein auskömmliches Geschäft zu betreiben ist oft trotz guter Lage und günstiger Miete keine Selbstverständlichkeit. Es ist ein schlichtes Rechenbeispiel, dass die Milliarden die im Internethandel umgesetzt werden, woanders eben nicht mehr umgesetzt werden.
Was mich eigentlich am meisten ärgert, ist, dass der ökologische Aspekt kaum jemanden zu interessieren scheint. Die Papiermüllcontainer quellen über von Verpackungskartons. Über die Ökobilanz von ein paar Schuhen, die schon den Weg aus Asien zurückgelegt haben und dann noch x- Mal durch Deutschland gekarrt werden bis sie endlich jemanden passen braucht man eh nicht zu diskutieren.
Und es geht! Es geht sogar gut!
Ich habe auch vor bereits ca. 3 Jahren dem Internetladen vollständig abgeschworen und kaufe wirklich alles – in ähnlichem Umfang – in „meiner“ Buchhandlung vor Ort. Ich habe festgestellt, dass dies KEINERLEI Nachteile mit sich bringt, im Gegenteil:
– Die Buchhandlungen können alles bis zum nächsten Tag bestellen. Schneller ist auch A.mozon nicht. Es kostet zudem keinen Übernacht-Aufschlag. Wenn es wirklich eilt, bringen sie Bücher auch in die Kanzlei (das ist echter Offline-Service!).
– Und ich werde richtig gut beraten (nicht nur: „andere Kunden kauften auch…“): da sie mich und meine Interessen dort wirklich kennen, bekomme ich auch abgelegene Tipps für meine Interessensgebiete. Auch wenn ich andere beschenken will, reicht eine Beschreibung der zu beschenkenden Person und ich bekomme Tipps, die über die Spiegel-Bestsellerliste hinausgehen. Habe dadurch schon manchen Überraschungserfolg gehabt!
– Das geht natürlich nur, wenn ich dort regelmäßig auftauche, auch mal ein Gespräche über den Tellerrand hinaus führe und nicht nur vor Weihnachten noch einen Last-minute-Kalender kaufe.
– Der vermeintliche Nachteil (ich kann nicht um 24 Uhr per Mausklick bestellen und muss gelegentlich dort selbst hin) ist m.E. letztlich keiner. Ist es WIRKLICH ein Nachteil, wenn ich ggfs. in den Öffnungszeiten anrufen muss? Und wenn ich selbst hingehe, komme ich meist sehr bereichert (und auch da mit einem Buch mehr als ich eigentlich wollte :-)) wieder raus. Und wenn es dienstags nicht klappt, verbinde ich es eben mit einer kleinen Verabredung donnerstags in der Mittagspause mit einem Kollegen, oder mit einem Besuch beim Lieblingsmetzger … Ich muss nur bissl mehr planen. Aber auch hier: ist das WIRKLICH ein Nachteil?
– In diesem Sinne: Shake the hand that feeds your brain. 🙂
LG,
Die Toni
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Wenn auch noch die Buchhandlungen aus der Innenstadt verschwänden, hätten wir einen großen Zentralfriedhof mit immerhin gepflasterten Wegen. Also: Amazon nur noch im „Notfall“. Aber nicht nur wegen der IN-Innenstadt, sondern auch wegen der Vorweihnachtsberichte über das „Leben“ der Amazon-Saisonarbeiter… und wegen der geänderten Abrechnung des Online-Riesen z.B. mit http://www.schulengel.de, denen er die Provision spürbar nach unten gedrückt hat, sodass noch weniger Geld bei den Schulen ankommt.