Vor einigen Stunden ging das Ingolstädter Herbstfest 2019 zu Ende. Eigentlich wollte ich dazu schon am Eröffnungswochenende so richtig auf die Pauke hauen. Aus Frust. Sie (da stehen viele Köche am Brei) haben es nämlich wieder einmal nicht geschafft! Eine Abwatschorgie von A bis Z sollte es werden. Allein – ich habe heute keine Lust mehr dazu. Es ist ja auch schon lange alles gesagt – man suche im Blog (rechts oben) nur mal nach „Bio-Hendl“.
Eines will ich mir aber nicht ersparen. Fürs Protokoll die kurze Dokumention des Status quo. Der beharrlichen Verweigerung, oder der schlichten Unfähigkeit – je nach Lesart. Leider macht es ja sonst keiner. Wie viele Schläge der Oberbürgermeister beim Anzapfen braucht – das ist der Ingolstädter Presse berichtenswert …
Nach meiner Chronik gab es zum ersten Mal in Ingolstadt auf dem Pfingstvolksfest 2014 (in einem der beiden Zelte) Bio-Hendl. Beim Stiftl. Ausgerechnet! Ich gestehe – er führt Gastronomie nicht so wie ich es mir wünsche. Um so erstaunlicher, dass gerade er der einzige Lichtblick zum Thema in Ingolstadt ist. Und wohl auch bleibt. Denn dann war auch schon wieder Schluss mit Hendln, die ein würdiges, umweltverträgliches Leben vor dem Tod hatten. Für ganze vier(!) Jahre (Pfingst- und Herbstfeste). Wer andere Information dazu hat – her damit. Zu Pfingsten 2019 war es noch einmal so weit – große Freude! Es gab gleich in beiden Zelten Bio-Hendl. Folgende Fragen blieben bei mir aber bis heute unbeantwortet: Warum wurde das von niemandem(!) angekündigt oder beworben? Warum war ein Anbieter (nicht der Stiftl) gar nicht berechtigt (zertifiziert) dazu? Und vor allem – warum gab es nach nur vier Tagen keine Bio-Hendl mehr?
Jetzt aktuell zum Herbstfest wieder Ingolstädter Tristesse: Keine Bio-Hendl. Beide Festwirte – Familie Lanzl (Herrnbräu-Zelt) und Familie Härteis (Nordbräu-Zelt) – bestätigten mir das im Vorfeld bereits auf meine Anfrage. Pikantes Detail am Rande: Im Herrnbräu-Zelt wurde „Gulasch vom schwäbischen Bio-Rind“ angeboten. Eine entsprechende Zertifizierung ist aber nicht zu finden (z.B. hier) …
Um was geht es mir? Um gutes, sauberes und faires Essen. Und dass das Ingolstädter Volksfest (endlich) seinem Namen gerecht wird. Als ein Volksfest! Als eine Festivität für alle. Ein solches Fest – auch noch von der Stadt(!) selbst veranstaltet – zeichnet sich wie z. B. auch ein bayerischer Biergarten unter anderem dadurch aus, dass Platz für alle ist. Für groß und klein. Arm und reich. Gescheit und nicht so hell. Jung und alt. Dick und dünn. Von hier oder zuagroast. Es sind im Ideal wunderbare Spiegel der Gesellschaft. Das ist hier – man sehe auf das Essensangebot (bei einem Fest nicht unwesentlich) – gerade nicht der Fall. Was ist das unbestritten klassische Getränk auf einem Volksfest? Eine Maß (Bier). Und bei der Brotzeit? Ein halbes Hendl natürlich! Und daran mache ich es nicht nur symbolisch fest. Wer ein konventionelles Huhn bestellen will, soll das weiter tun (wenn sich das auf Dauer die Gesellschaft auch nicht mehr wird leisten können – dazu ist Gesamtbilanz eines solchen Tieres einfach zu desaströs; was die seriöse Politik ganz genau weiß). Aber ist 2019(!) nicht nun endlich auch Platz für ein (ansatzweise) nachhaltig aufgezogenes Huhn? Offensichtlich – Stand heute – immer noch nicht in Ingolstadt. Welche Art von „Vorsprung durch“ soll das sein? Und jetzt komme man mir bitte nicht mit sozialen Fragen! Einmal soll es ja nur die Wahl zum Besseren geben. Und dann gehört Deutschland bekanntermaßen zu den wohlhabendsten fünf Ländern der Welt. Und ausgerechnet Ingolstadt hat in diesem reichen Deutschland nach aktuellen Daten (2019) der Bundesagentur für Arbeit den höchsten Verdienst der Arbeitnehmer im Lande. Man kann allerdings auch mit einem Q8 zum Discounter fahren und dort Bratwürste für den neuen High-End-Grill kaufen …
Wo fehlt der Mut? Ist es überhaupt Mut? Das immer wieder gehörte Argument gegen Bio-Hendl ist: Das bestellt keiner. Na ja – nach vier Tagen war es an Pfingsten bereits aus. Und das haben mir alles Leute gesagt, die danach eines haben wollten. Ganz entscheidend ist aber dieser Gedanke: Diejenigen, die gerne ein Bio-Hendl bestellen und essen wollen, sind in ihrer Mehrheit gar nicht erst vor Ort im Zelt. Weil sie um das fehlende Angebot wissen. Diese sollten und müssten die Festwirte adressieren (was sie aberwitzigerweise nicht einmal tun, wenn sie eines im Angebot haben … siehe Pfingsten). Frisches Blut würde dem Volksfest übrigens in jeder Hinsicht gut tun. Bitte dafür auch ein wenig Geduld einplanen. Das neue Angebot muss erst einmal ankommen (und dazu bekannt gemacht werden 😉
An mir soll es nicht liegen. So wie es aussieht, wird Pfingsten 2020 wieder der Stiftl ein Zelt bespielen. Und dort wird es dann wohl Bio-Hendl geben. Alle Hoffungen zum Thema ruhen – wer hätte das gedacht – nur auf ihm … Ich gehe in diesem Fall von mindestens drei Besuchen zum Hendl-Essen aus – mit Slow Food Ingolstadt (wie schon an Pfingsten), mit meiner Kanzlei und mit Familie und Freunden. Und so wie mir geht es nicht wenigen! Wo kann man denn (selbst gemacht einmal ausgeklammert) in der Region ein knuspriges Bio-Grill-Hendl essen? Das wäre – leider – faktisch ein Alleinstellungsangebot! Sieht das in der Marktwirtschaft denn keiner? Mut? Intelligenz!
Bis dahin geht es halt dorthin, wo man schon lange verstanden hat und wo man ein entsprechendes Angebot macht:
Nachtrag. Gerade gelesen, zum Ende der Wiesn in München: „Was die Speisen angeht, registrierte die städtische Festleitung einen „Trend nach qualitätsvollem Genuss“. Die Wirte stellten eine gesteigerte Nachfrage nach Biokost, regionalen Produkten und vegetarischen und veganen Speisen fest.“ (SZ 06.10.2019)
Nachtrag II. Weils gerade so schön passt! Am Wochenende (05./06.10.19) berichtete (hier) der Donaukurier vom Hagauer Bio-Landwirt (Naturland) Seitz, der die feine Ochsenbraterei auf dem Oktoberfest mit seinen Bio-Kartoffeln beliefert. Ach Ingolstadt …
Biohendl beim Ammer zu einem Preis, der einem das Henld im Mund erkalten lässt.
Dazu der Versuch eines Kartoffelsalates. Oder was auch immer das sein sollte.
Das Mittagsmahl durch 1/4 Ente- nicht Bio- ergänzt – blutig und zäh, und unfertig. Aber vielleicht ist „Ente englisch“ auch ein neuer großstädtischer Trent, der sich auf dem Land noch nicht herumgeprochen hat. Ergänzt mit 1 Maß Bier vom alkoholfreien. Ohne Extras
Preis für 2 Personen mit Trinkgeld stamme € 60.-. Naja dafür isst man auf dem Oktoberfest in München und nicht in Ingolstadt.
Wir haben beim Stiftl Bier und Hendl , sowie für eine Muslima ein nichtalkoholisches Getränk genossen. Keine Ahnung, ob man bei Hendl extra Bio bestellen musste. Es hat jedenfalls geschmeckt. Musik war auch gut (Schanzer und Berchinger), und das Zelt war gut besucht aber nicht zu voll und laut. Bio ist ja schön und gut und man kann sich das auch leisten, aber wenn ich mich auf dem Volksfest mit Freunden treffe, dann, denke ich nicht ständig über das Leben der Hendl nach. Und wenn die Nachfrage das Angebot an Biohendl überstiegen hat, ist das jetzt auch kein Problem, dann wird eben zukünftig anders geordert. Aber im Prinzip hast du recht, allerdings braucht es seine Zeit in den Köpfen. Nicht so verbiestert sein ist da zielführender.
Lieber Michael,
ich bin in Allem Deiner Meinung und werde es genauso handhaben.
👍