In der abgelaufenen Fastenzeit hatte ich eine „Wildcard“ gezogen. Sie erlaubte mir eine, die Ausnahme von der Regel. Wohl überlegt verwendete ich sie in München beim Braukunst Live! Festival.

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Erst zum zweiten Mal nach 2012, aber schon mit einer Ausstellerverdoppelung, sprudelte vom 08. – 10.03.13 aus den Hähnen im MVG-Museum feines, handwerklich hergestelltes Bier: Fernsehbier- und hopfenextraktfreie Zone!

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Veranstalter (und Slow Food Unterstützer) Frank-Michael Böer konnte und durfte sehr zufrieden ins Glas grinsen:

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Frank-Michael Böer

Es geht um gutes Bier. Schon immer kompromisslos aus erlesenen Zutaten gebraut, wird endlich auch in dieser Disziplin das Segel der Vielfalt voll entfaltet. Der Wind dazu weht aus den USA. In den 1980er Jahren fiel hier die Zahl der Brauereien deutlich unter 100. Vornehmlich geschmacklich dünne und untereinander austauschbare Produkte von Industriebrauereien teilten sich den Markt auf. Ziel: eine möglichst große Konsumentenschicht. Diese wird erreicht durch: den kleinsten gemeinsamen (geschmacklichen) Nenner. Widerstand formierte sich. Eine Graswurzelbewegung in Gestalt der Microbreweries setzte ein. Experimentierfreudig und mit viel handwerklichem Geschick gab man dem guten, alten Gebräu neuen Raum. Dankbar füllt es diesen aus und zeigt uns dabei viele neue Gesichter – eigen, wach, markant, getreu, prägend – immer mit Charakter. Von wegen marktwirtschaftliche Unternehmenskonzentration – nimm das: Heute gibt es in den USA so viele Brauereien wie noch nie (knapp 2.200)!

In Deutschland schaute dank einem hohen, eigene Maßstäbe prägenden Qualitätsstandard, verbunden mit einer vielfältigen regionalen Brautradition, die Bierwelt erfreulicherweise schon immer anders aus. Aber täuschen wir uns nicht. Oder besser, wiegen wir uns nicht in Sicherheit. In Ingolstadt haben wir heute mit Nordbräu, Herrnbräu und Schwalbenbräu (leider (noch) nicht hier gebraut) drei Brauereien. Es waren aber schon einmal 30(!) mehr. In Neuburg hält noch das Juliusbräu die Fahne hoch – es dampften hier jedoch einmal 16(!) verschiedene Sudkessel. Die Hallertau vor den Toren unserer Stadt ist das größte Hopfen-Anbaugebiet der Welt. Hier müsste es vor Brauereien wimmeln… Dieser Katalog lässt sich flächendeckend leider beliebig fortsetzen.

Der Verlust der Vielfalt geht bedauerlicherweise einher mit einer sehr überschaubaren Innovationsfreudigkeit der Branche. Die Craft Beer-Bewegung setzt genau hier an – keine Sorge, ohne schlechterdings aus dem Rahmen zu fallen. Das Recht dazu hätten sie allerdings – die Jungs sind nämlich voll im Bilde. Gerade beim Hopfen zeigen sie, welche Stellschrauben es überhaupt gibt und wie deren Drehung frische Lust in die Gläser, Nasen und Gaumen bringt. Und es ist eine echte Chance der „Kleinen“ im Markt. Verfügen sie doch mit ihren Anlagen und der persönlichen, lokalen Ansprache über eine Flexibilität und Wendigkeit, von der große Tanker nur träumen können. Aufgeschlossenheit fängt freilich im eigenen Kopf an …

Der frische Wind bläst deutlich wahrnehmbar. Es herrscht Aufbruchstimmung und Momentum. Der Erfolg der Braukunst Live! ist dafür ein deutlicher Indikator. Nicht wirklich überraschend findet sich dann hier auch ein Schlüsselspieler aus unserer Region. Die Weißbier-Vielfalt und Qualität des Hauses Schneider Weisse aus Kelheim ist spektakulär:

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Schneider Weisse-Chef Georg Schneider

Oder die Jungs (meine Tippgeber zu der Veranstaltung) der Münchener CREW AleWerkstatt. Sie präsentierten ihre zwei neuen Kreationen „Munich Summer“ und „Imperial Stout“:

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Mario Hanel und Timm Schnigula – CREW AleWerkstatt

Auch die Stieglbrauerei, immerhin die größte in Privatbesitz befindliche Brauerei Österreichs, hat die Zeichen der Zeit erkannt:

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Nachfolgendes Filmchen wollte ich schon lange mal zum Besten geben. Endlich passt es:

Mein persönlicher Favorit im Messeglas: Das kaltgehopfte, unfiltrierte Spezialbier (mit Aromahopfen „Mandarina Bavaria“) von Hofbräu München. Eigens nur für die Veranstaltung gebraut: „Eiskalt gehopfter Hallodri“. Bitte, bitte in den regulären, dauerhaften Verkauf damit!

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Gute 80 Brauereien waren vertreten. Aus dem Großraum Ingolstadt noch an Bord: Gutmann und Lammsbräu. Leider habe ich in der Rückschau viel zu wenige Kandidaten im Glas gehabt – ein Vorsatz für 2014 steht damit schon fest. Explizit erwähnen möchte ich ferner das „Pale Ale – Edition SIMCOE“ von der Augsburger Brauerei Riegele. Die Hopfensorte Simcoe verspricht feine Beeren- und Zitrusnoten im Glas – ein Traum!

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Nicht fehlen durfte in diesem feinen Kreis das Riedenburger Brauhaus. Natürlich war es da. Deren „Dolden Sud“ habe ich ja bereits ausführlich gewürdigt. Braumeister Max zeigt, vor seinem Bruder reitend, auf seinen Platz:

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Max Krieger – Braumeister Riedenburger Brauhaus

„Sud 1“ ist inzwischen ausgetrunken. Die im aktuellen Verkauf (in Ingolstadt z. B. hier) befindlichen Flaschen tragen bereits den Aufdruck „Sud 2“:

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Heute (11.04.13) Abend gilt es Übrigens die Daumen zu drücken! Den Zeigefinger zum Online-Voting habt Ihr ja hoffentlich alle im Einsatz gehabt?! Für sie:

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Maria Krieger

Maria Krieger ist die Schwester von Braumeister Max. Sie kandidiert aktuell zur Wahl der Bayerischen Bierkönigin. Beim angesprochenen Voting wurde sie sehr knapp zweite. Heute Abend werden in München im Rahmen der persönlichen Präsentationen die restlichen Stimmen vergeben. Das offizielle Foto der Finalistinnen nimmt das Ergebnis ja eigentlich vorweg:

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Quelle: Bayerischer Brauerbund e.V.

Wer ist in der goldenen Mitte? Bei wem steht die Ampel auf Grün? Also. Es wäre die erste Repräsentantin, die aus einer ökologisch geführten Brauerei kommt, Slow Food Mitglied ist und für unsere Region steht. Daumen drücken! Vielleicht hilft ja auch das noch: Wo wurde am 23. April 1516 das Reinheitsgebot für Bier verkündet? Sie wird es!

Breaking News … 11.04.2013 … kurz nach 23 Uhr … die Bayerische Bierkönigin 2013 heißt: Maria Krieger – Prost!

2 Kommentare

  1. Author

    Danke Gerald. Du hast bei Facebook schon des öfteren ein Fläschchen gepostet. Das Thema interessiert Dich näher? Braukunst Live! 2014?

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