Heute (10.09.2011) ging es zur südlichsten Metzgerei in Ingolstadt. In Facebook wurde bereits ein qualitatives Nord-Süd-Gefälle der Weißen in Ingolstadt konstatiert. Zugunsten des – wie in nicht wenigen Disziplinen – Südens. Geht das so weiter? Am Kap – in Zuchering – jedenfalls wurstet Meister Geier. Familienbetrieb. Keine Filialen. Kein Internetauftritt. Hier ist sie: Metzgerei Anton Geier, Wallmeisterstraße 14, 85051 Ingolstadt, Tel. 08450-239.

Wie bereits bei den Hubers (Joseph und Richard, Tests 5 und 8) gilt es zunächst die Gefahr der Verwechslung zu bannen. Heute geht es um die Wurst für/von Anton Geier. Im Osten der Stadt gibt es noch die (sicher bekanntere) Metzgerei Johann Geyer. Zukunftsmusik.

Neuland! Ich war schon in jeder Metzgerei in Ingolstadt. In dieser aber nicht. Weißer Fleck, toter Winkel …? Beim Weißwursttest in der Kanzlei vor einigen Jahren hatten wir sie auch nicht auf der Rechnung … Ein Schafkopf-Kollege „enthüllte“ mir schließlich deren Existenz (Danke Werner!). Ich betrete gerne Neuland. Die Vorfreude auf diesen Test war also eine besondere.

Mitte der Woche rief ich dort an. Ob es am Samstag frische Weiße gäbe? Antwort: „Ja“. Wochenende. Im Laden – bei wahrlich ausreichend Personal –  eine sehr stattliche Warteschlange. Ein gutes Zeichen! Vielleicht weil ich noch nie da war – statt üblicherweise fünf, kaufte ich sechs Würste. Sind die von heute? Wieder ein „Ja“.

Den Einkauf im Korb, fragte ich nach Herrn Geier. Erfreulicherweise war er im Haus. Ich stellte mich vor, berichtete kurz von meiner weißen Leidenschaft, streifte den laufenden Test und fragte dann nach der Herkunft der Tiere. Der namentlich bereits von anderen Tests bekannte Viehhändler Oskar Lipp sei sein Schwager, so Geier und sorge für die bäuerlich, regionale Herkunft der Tiere aus dem angrenzenden Ingolstädter Umland. Vom örtlichen Schlachthof werde die Ware dann bezogen.

Der freundliche Herr Geier hat eine ruhige, fast schon schüchterne Art. Ich weiß nicht warum ich noch einmal fragte. Jedenfalls bekam ich eine neue Antwort. Die Weißen seinen von gestern … kesselfrisch gäbe es sie alle zwei Tage. Man habe am Freitag mehr gemacht. Damit – weil wohl außerplanmäßig – fielen die beiden anderslautenden Informationen des Personals für mich nicht wirklich ins Gewicht. Der Zusatz von Geier – „am Samstag wollen wir schließlich auch mal unsere Ruhe haben“ – relativiert das leider wieder sofort. Jedenfalls dann, wenn ich es so auffassen muss, dass es regulär am Samstag keine frischen Würste gibt. Macht gar nichts. Außer, wenn es einem zwei Mal anders zugesichert wird …

Warum beschreibe ich diese scheinbare Kleinigkeit so ausführlich? Weil ich auf der Seite von Menschen und Betrieben wie Herrn Geier und seiner Metzgerei stehe. Weil neben der von ihm gebotenen Regionalität und handwerklichen Qualität, in einer so einfachen Konversation sein entscheidender Wettbewerbsvorteil gegenüber dem leider stetig wachsenden Discounterhandel liegt. Die Kommunikation muss dann aber sitzen. Ich komme darauf noch einmal zurück.

Die Frage nach dem Kalbfleischanteil wurde – im Ergebnis – mit ca. 20-30 % beantwortet. Dieser schwanke immer mal wieder, erklärte Geier. Je nach verfügbarer Fleischqualität. Fertige Gewürzmischung? Geschmacksverstärker? Zitronenaroma? Sein Rezept baue auf einer fertigen Mischung auf, werde aber von ihm verfeinert. Der Geschmacksverstärker Mononatriumglutamat sei aber dabei. Die Verwendung von frischer Zitrone und/oder Konzentrat wechsle. Mal so, mal so.

Ich spüre bei Geier nunmehr eine aufkommende Reserviertheit die sich in einem „Sie wollen ein bisschen viel Wissen“ manifestiert. Falsch! Offensichtlich fragt heute niemand mehr eigentlich selbstverständliches ab … Eine ähnliche Skepsis gab es übrigens auch in der Metzgerei Gabler (Test 6) und Wagner (Test 7).

Dabei ist es so einfach. Im Discounter erübrigen sich solche Fragen. Ich behaupte, wer es genauer wissen will, kauft dort gar nicht erst ein. Und wen sollte er zwischen den Paletten denn überhaupt fragen? Ich unterstelle, dass Metzger oder Bäcker, die ihren handwerklichen Familienbetrieb führen, dem Kunden grundsätzlich nichts versprechen was sie nicht halten können. Die das trotzdem tun, sollen damit ordentlich auf die Nase fallen! Die anderen dürfen und sollen sich an „neugierigen“ Kunden erfreuen. Da ist jemand, der bewusst einkauft. Jemand der an Qualität interessiert ist. Der Handwerk schätzt. Der zum Meister geht. Der bereit ist, dafür auch einen gerechten Preis zu bezahlen. Ein Kunde, der seinem Essen ein Gesicht geben will, oder wie es der Autor Michael Pollan so schön ausdrückt: „Shake the hand that feeds you“. Diesen echten Mehrwert gilt es zu erkennen, zu nutzen und zu leben. Auf beiden Seiten – bei Käufer und Verkäufer. Dankbar durfte ich es vielfach erleben – und es ist jedes Mal ein Freude – auf Menschen zu treffen, die mit Leidenschaft ihrer Berufung nachgehen. Weinbauern, Imker, Fischer, Käser, Metzger – egal. Ehrlich interessiert auf ihre Arbeit angesprochen, blühen sie auf und erzählen mit Stolz von dem was sie machen.

Mehr Mut also! Oder einfach mehr Selbstverständlichkeit. Lasst uns wieder intensiver über unser Essen und sein Umfeld reden. Miteinander. Herr Geier – es gäbe im Übrigen gute Gründe über Ihre sehr respektable Arbeit mit breiteren Schultern zu sprechen. Bei der Weißwurst sind es diese:

Marmorierung:
Hell. Gerne ein wenig mehr Petersilie!

Duft:
Feiner Brät. Brät und noch einmal Brät. Ohne Rest. Keine Zitrusnote.

Mundgefühl:
Gute Flaumigkeit, wollig, eine Nuance ins körnige gehend.

Geschmack:
Die Würste schmecken sehr gut. Mild, feine Würze. Vollkommen ausgewogen. Die erste habe ich ganz(!) ohne Senf gegessen.

Preis:
8,90 EUR/kg

Note: 1-

Es geht also so weiter, mit der Qualität der Würste im Süden. Süden heißt in Ingolstadt konkret, südlich der Donau. Die Geschichte mit dem Weißwurstäquator scheint mehr zu haben als ich bisher dachte … Andererseits gibt es im nördlichen Stadtgebiet noch mindestens zwei Metzgereien, von denen ich mir mindestens gute Würste verspreche …

Moritz war mit Freude dabei und brachte gleich beide Daumen ins Spiel:

Vorangegangener Test. Nächster Test

5 Kommentare

  1. Author

    @ Tom: Donnerwetter! Darum blogge ich! Das wird den Geier freuen. Und mich freut es unbandig so was zu lesen. Ich bin mir ziemlich sicher, das der Geier selbst meinen Artikel über seine Weißen gar nicht kennt…

  2. Hallo Michael,……

    nochmals wie bereits erwähnt…..ich habe mal deinen Weißwursttest von vorne bis hinten durchgelesen, der sehr sehr interessant war, jeah! Also,……ich kannte, obwohl ich im Süden der Stadt wohne (Unterbrunnenreuth) den Metzger Geier Anton noch nicht, und wollte aber unbedingt dessen Weißwürschte testen…

    Also,…..ich hatte heute ( Dienstag ) frei, machte mich schon vorher (am Wochenende) schlau, wann denn der Metzger Geier seine Pforten offen hat,……und war dann just um 07.30 Uhr da, um frische Weiße zu bekommen,…..dann leider erstmal die Absage,…..die Weißen sind erst (aber dafür Kesselfrisch!!!) um 9 Uhr fertig, aber, da ich ja schon mal da war, und später mein Wiederkommen versicherte, ich nicht anstehen müsste.

    Ok, kein Ding, 3 min von mir bis zum Metzger, des bekomme ich um 9 Uhr aber nochmals hin,……und wenn es gute Weiße sind, dann wart ich gerne,…..

    Also,….09.15 Uhr ……ich bin beim Geier,…komme rein,…..die Frau sieht mich, lässt ihre Kundschaft stehen, rennt nach hinten und bringt mir meine ( vor 1 1/2 Std bestellten ) Weißen,….mit der Info,…..die sind noch warm, 10 – 15 min brühen, dann schmeckens …..
    kassiert für 5 Stück 3,70 € !!!! (Hammer!!!) (ausserdem hab ich die Perle vom Laden gesehen, i know, what you mean) …..

    also,……nach hause,……Händelmaiers Senf, Gutmann Weissbier,Wünsche Brezen,Geiers Würschte …….

    Ich kann dir sagen,……seltenst bis nie ………so gute Weißwürschte gegessen zu haben,……

    das hat mir so richtig gut geschmeckt oh wow !!!!

    diesen Metzger werd ich öfters aufsuchen,…..

    vielen dank dir für deine Info,…….

    habe vor, die Weißen auch meinen Kollegen vorzustellen,……

    bis die Tage,…..da Tom

  3. Author

    @ Michael von Benkel: Das Credo dieses Blogs könnte lauten: Mehr, viel mehr Mühe für Lebensmittel! Um dem Unwohlsein vorzubeugen – immer mindestens 3 Stück essen :-)…

  4. All die Mühe für ein Lebensmittel, von dem einem nach einem Paar konzeptionsgemäß leicht unwohl wird. Zitrusnote oder nicht: Schmeckt man mit ausreichend süßem Senf und Weißbier wirklich einen Unterschied?

  5. sie wollen aber ein bisschen viel wissen! genau. das wollen wir. wenn ich jetzt noch irgendwo ganz sicher aus freilandviechern hergestellte weißwürscht kriegen würde, wäre ich sofort dabei. ich mag sie nämlich sehr gerne.

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