Heute vor zwei Jahren war die Welt in Ingolstadt noch in Ordnung! Ich muss freilich gleich zugeben – diese Aussage bedarf der Konkretisierung. Sie entstammt der Magengegend eines Weißwurstessers. Eines Weißwurst-Aficionados.
Also vor zwei Jahren war die Sache – zumal als Altstadtbewohner – einfach. Einfach zwingend. In der Kanalstraße 3 fand sich die Metzgerei Listl (ach wie gerne würde ich jetzt hier einen Hyperlink unterlegen). Die Seniorchefin Hannelore Listl, oder mein persönlicher Sonnenschein hinter der Theke – Frau Sieglinde Weiß – übergaben dort vertrauensvoll unter anderem kesselfrische Weißwürscht, gerne auch mal Wiener oder den dritten Klassiker der Manufaktur – Leberkäs – an wissende Kunden.
Das Anwesen hat einschlägige Geschichte. Bereits 1762 ist der Metzgermeister Anton Eisenmann als Besitzer nachgewiesen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts befand sich hier der „Ochsenwirt“. Die Metzgerei Listl wurde 1938 von Hans Listl senior in der Kreuzstraße gegründet, zog aber bald darauf in das Haus bei der Hohen Schule. Der geschätzte Ingolstädter Kabarettist Günter Grünwald verewigte den Handwerksbetrieb in einem Programm mit der Funkbestellung der Polizeiinspektion Ingolstadt an die Besatzung eines Streifenfahrzeug: „Zentrale an Schutter 7: Noteinsatz in der Kanalstraße. Holts vier rote Leberkäs-Semmeln beim Listl.“
Heute vor zwei Jahren waren es dann noch genau zwei Monate. Der 01. August 2009. Ein Samstag. Gegen Mittag war Schluss mit Wurst. Der letzte Tag beim Listl. Im Donau Kurier vom vergangenen Wochenende (28./29.05.2011, Seite 27) wird aktuell über die abgeschlossene – wirklich gelungene – Sanierung des Anwesens berichtet. Für den Listl-Weißwurst-Freund leider kein Trost.
Letzterer blieb an diesem für ihn schwierigen Augusttag natürlich nicht untätig. Ein im Vorfeld der Seniorchefin von mir vorgeschlagenes öffentliches Weißwurst-Abschiedsessen vor der Metzgerei fand leider nicht deren Zustimmung. Ihr war wohl nicht zum „Feiern“ zumute. Mir auch nicht. Andererseits bin ich ein Freund von passenden Ritualen. Von Geste. Von Geleit. Dieses fand schließlich zu Hause statt. Im Kreis der Lieben gab es zum letzten Mal (viele!) Weiße vom Listl. Mit den üblichen Verdächtigen: Händlmaier´s süßer Hausmachersenf, Brezen (wohl vom Erhard) und Weißbier (wohl vom Gutmann). Ein Einfrieren von „Reserven“ wurde noch in der Nähe des Gedanken-Startblocks verworfen. Weiße sollten frisch sein und ein Abschied auf Raten – in dieser Angelegenheit?
In Sachen Geleit hatte ich dann noch eine Idee. Die letzte Wurst im Topf sollte nicht gegessen werden, sondern auf große Fahrt gehen. Mit dem Donau Kurier des Wochenendes könnte ein Schiffchen gefaltet werden. Darin würde sie Platz nehmen. Weiter könnte man das Schiffchen jetzt in den Weißwurstäquator – unsere Donau – setzen. Für den Schanzer ist es die Donau. Die Altstadt liegt zwar im Norden, aber doch am Ufer. Der Main ist als Äquator ein netter Versuch. Endlich würde das Schiffchen dann der Strömung folgen. Und wohin fließt die Donau? Nach Regensburg. Und? Sehr gut! Dort wird der Händlmaier gemacht. Was für ein Drehbuch. Wir haben dann die Wurst doch im Dorf gelassen und gegessen.
Natürlich haben auch andere Metzger gute Weiße und im Ideal schöne Töchter. Aber der Listl hatte einfach die Besten! In unserer Kanzlei haben wir 2006 und 2007 an 23 Freitagen von 23 verschiedenen Metzgern unserer Region Weißwürste verkostet. Wer gewonnen hat? Genau!
Die Zeilen haben Lust gemacht. Ich werde dieser Tage wieder einen Test starten. Und darüber berichten. Ich bin übrigens kein Zuzler.
Zum Test: Hier